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Asyl-Diskussion bei "Markus Lanz" im ZDF: Schürt Bundeskanzler Scholz mit diesen Ansagen Wählerfrust?

Kurz vor der Europawahl 2024 hat sich die EU auf schärfere Asylregeln geeinigt. Bei "Markus Lanz" im ZDF wurde darüber diskutiert: Sind die Beschlüsse nur ein Tropfen auf den heißen Stein oder schürt Bundeskanzler Olaf Scholz Wählerfrust?

Markus Lanz brachte in seinem ZDF-Talk am 14. Mai unter anderem das Thema Asylpolitik aufs Tapet. (Foto) Suche
Markus Lanz brachte in seinem ZDF-Talk am 14. Mai unter anderem das Thema Asylpolitik aufs Tapet. Bild: picture alliance/dpa/ZDF | Markus Hertrich
  • "Markus Lanz" am 14. Mai 2024 im ZDF
  • Polittalk zum Thema schärfere EU-Asylregeln
  • Droht Bundeskanzler Olaf Scholz ein Wahldebakel mit Ansage?

"Markus Lanz" im ZDF: Aktuelle Talksendung behandelt Thema Asylpolitik

Das Thema Asylpolitik steht nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa ganz oben auf der Agenda - kurz vor der Europawahl Anfang Juni hat die EU jetzt strengere Maßgaben für Asylsuchende beschlossen.

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Das Thema blieb auch in öffentlichen-rechtlichen Polittalks nicht unbeachtet: In der neuen Ausgabe seines Polittalks tauschte sich Markus Lanz am 14. Mai 2024 mit seinen Studiogästen nicht nur über den aktuell schwelenden Rentenstreit zwischen FDP und SPD aus, sondern schnitt auch das Thema Asylpolitik und Migration an. Dazu hatte Markus Lanz unter anderem den ZDF-Korrespondenten Ulf Röller, den FDP-Fraktionschef Christian Dürr sowie den Migrationsforscher Daniel Thym ins ZDF-Studio eingeladen.

Hintergrund zum Thema Asylpolitik:

  • Am 14. Mai 2024 wurden seitens der EU-Mitgliedsstaaten nach jahrelangen Streitigkeiten endgültig schärfere Vorschriften im Asylrecht gebilligt. Der Ministerrat in Brüssel hat die Reformpläne angenommen.
  • Zuvor hatte bereits das Europaparlament die Reformpläne gebilligt. Nach der Bestätigung der EU-Länder werden sie nun im Amtsblatt veröffentlicht und treten 20 Tage später in Kraft. Die Mitgliedstaaten haben den Angaben zufolge nach dem Inkrafttreten zwei Jahre Zeit, sie in nationales Recht umzusetzen.
  • Kernelemente sind unter anderem schnelle Asylverfahren an den Außengrenzen und Unterstützung für die EU-Staaten, in denen besonders viele Migranten ankommen.
  • Vorgeschrieben sind nun unter anderem einheitliche Verfahren an den Außengrenzen, damit rasch festgestellt wird, ob Asylanträge unbegründet sind und geflüchtete Menschen dann schneller und direkt von der Außengrenze abgeschoben werden können. So sollen Asylgesuche von Menschen aus Herkunftsstaaten mit einer EU-weiten Anerkennungsquote von weniger als 20 Prozent bereits in Auffanglagern an den Außengrenzen geprüft werden. Das könnte etwa für Migranten aus Marokko, Tunesien oder Bangladesch gelten.
  • An einer Asylreform wird bereits seit 2015 und 2016 intensiv gearbeitet. Damals waren Länder im Süden Europas wie Griechenland mit einer Vielzahl von ankommenden Menschen aus Ländern wie Syrien überfordert. Hunderttausende kamen unregistriert in andere EU-Staaten. Dies hätte eigentlich nicht passieren dürfen, denn nach der sogenannten Dublin-Verordnung sollen Asylbewerber da ihr Verfahren durchlaufen, wo sie die Europäische Union zuerst betreten haben.
  • Die Reform leitet insbesondere einen künftig deutlich härteren Umgang mit Menschen aus Ländern ein, die als relativ sicher gelten. Ein Drittstaat darf nur dann als sicher eingestuft werden, wenn eine strikte Liste von Kriterien erfüllt ist. So müssen zum Beispiel das Leben und die Freiheit des Antragstellers garantiert werden.
  • Die Verteilung der Schutzsuchenden auf die EU-Staaten wird mit einem "Solidaritätsmechanismus" neu geregelt. Damit sollen jene Länder, in denen viele Geflüchtete ankommen, entlastet werden - also beispielsweise Italien, Griechenland oder Spanien. Geplant ist, dass pro Jahr mindestens 30.000 Geflüchtete aus diesen Ländern in andere EU-Staaten umverteilt werden. Wenn die Länder keine Flüchtlinge aufnehmen wollen, müssen sie Unterstützung leisten, zum Beispiel in Form von Geldzahlungen.

So reagiert die Bundesregierung auf die schärferen EU-Asylregeln

Auch die Bundesregierung reagierte auf die neu beschlossenen EU-Asylregeln. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) sprach von einer "wirklich historischen" Einigung der EU. "Wir haben nun in der EU eine deutlich bessere Grundlage: Für eine humane Begrenzung von irregulärer Migration. Für verlässliche Registrierungen an den Grenzen. Für einen solidarischen Ansatz, der auch Länder wie Deutschland und Schweden entlasten wird." Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) kündigte bereit vor einigen Wochen an, Deutschland werde die geforderten Anpassungen "sehr viel schneller" umsetzen. Zudem hoffe die SPD-Politikerin, dass die EU-Reform die deutschen Grenzen und damit auch die Kommunen entlasten werde. Innerhalb Europas werden in Deutschland die meisten Asylanträge gestellt.

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Migrationsforscher Daniel Thym bezeichnete den EU-Beschluss im Asylrecht bei "Markus Lanz" als "Meilensteinchen": "Da sind viele gute Ideen drin, aber das Grundproblem ist, dass die EU auf halbem Weg stehen bleibt und Angst vor der eigenen Courage hat", so der Rechtswissenschaftler von der Universität Konstanz. Und weiter: "Es ist besser als nichts. Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber es wird die Strukturprobleme nicht lösen."

Warnung vor Wählerfrust mit Ansage: "Gefährlich, so eine Erwartung zu erzeugen"

Markus Lanz stellte indes die Frage in den Raum, ob die Versprechen der Politik zu den neuen Asylregeln nicht "einer riesigen Enttäuschung" mit Ansage gleichkämen: "Was wird bei dieser Europawahl herauskommen? Wenn man sich mal anschaut, wie weit Europa politisch schon nach rechts gerutscht ist ... Da ist doch die nächste Wähler-Enttäuschung programmiert." Der Termin zur Europawahl 2024 nähert sich mit großen Schritten: Am 9. Juni werden Wählerinnen und Wähler zur Stimmenabgabe an die Wahlurne gebeten. 

Lanz' ZDF-Kollege Ulf Röller, der mit der Doku "Sehnsucht Europa" die EU-Abschottungspolitik und deren Auswirkungen auf die Menschenrechte genauer unter die Lupe genommen hat, hatte ein Antwort auf die Bedenken des Talkmasters parat: "Der Satz vom Bundeskanzler zu Abschiebungen im großen Stil - da passiert nichts", so Röller. "Nein, sie werden nicht im großen Stil abschieben können, dass das innenpolitische Problem gelöst wird, weil sie die Leute gar nicht loswerden." Und weiter: "Ich glaube, es ist gefährlich, eine Erwartung zu erzeugen bei so einem toxischen Thema, wohlwissend, dass das nicht eintreten wird." Die Politik laufe Gefahr, von ihren Wahlversprechen eingeholt zu werden und einen hohen Preis zahlen zu müssen, so Röller weiter.

Angst vor Rechtsruck in Europa: Kann die Asyl-Einigung der EU den Rechtsextremen am 9. Juni den Wind aus den Segeln nehmen?

Im Hinblick auf die bevorstehenden Europawahlen könne Röller den Kurs indes nachvollziehen. Die europäische Einigung im Asylstreit tauge für die bevorstehenden Europawahlen nur als Signal an die Wählerschaft, da die praktische Umsetzung erst in den kommenden zwei Jahren zu erwarten sei. "Alles starrt auf den 9. Juni, weil es gibt in Europa die große Angst - zumindest von den gemäßigten Parteien, von den anderen vielleicht die große Freude - dass wirklich ein Rechtsruck kommt." Darauf deuteten die Umfragewerte von Parteien wie Marine Le Pens rechtsextremer Rassemblement National, der AFD, der österreichischen FPÖ oder des niederländischen Rechtspopulisten Geert Wilders ("Partij voor de Vrijheid") hin, so Röller weiter. Die Gefahr bestehe, dass man "auf europäischer Ebene ein dysfunktionales Parlament" bekomme, weil keine Kompromisse mehr möglich seien, so der Brüssel-Korrespondent des ZDF weiter.

Die komplette "Markus Lanz"-Sendung vom 14. Mai 2024 gibt es als Wiederholung online in der ZDF-Mediathek.

 

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/news.de/dpa

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